VERWEBEN: Neuromorphing – Transformation gelebter Konstrukte in die eigentliche Bestimmung

Sichtbar im Unsichtbaren

1. Das Schicksalsgewebe – Die energetische Landkarte

The Norns vanish, Arthur Rackham, 1924
Drei Nornen, Mythenweg Thale,
Skulptur: Michael Weihe

Obwohl der Schicksalsbegriff allgemein bewertungsfrei ist, erfährt das Schicksal gegenwärtig eine negative Beurteilung. Liegt es vielleicht an der dualistisch geprägten Denkweise oder daran, dass Menschen heutzutage die Verbindung verloren habe?

Im Grunde ist das Schicksal aber nichts anderes als die Bestimmung/Aufgabe, die ein Lebewesen zum Zeitpunkt der Zeugung/Geburt „bekommen“ hat. Es ist das, warum eine Seele „in“ den materiellen Körper in die Raumzeit geboren wurde/wird. Nämlich mit genau dieser speziellen Aufgabe, die es zu leben und zu erfüllen gilt, abgestimmt auf all die anderen Seelen, die auch hierher geboren werden/wurden.

Das Schicksal habe ich als eine Art Gewebe erfahren, ähnlich wie das körperinterne Nervensystem, das alle sensorischen Reize mit hoher Geschwindigkeit durch den Körper leitet und uns somit am Leben erhält. Das Schicksalsgewebe ist wie ein „externes“ „Nerven“System und windet sich um und durch die Seelenblase. Darin ist unser Leben gezeichnet und erzählt uns Geschichten. Diese Geschichten verändern sich im Fluss von Raum und Zeit, von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. All unsere Erfahrungen prägen uns, und jedes gegenwärtige Handeln bestimmt unsere Zukunft, aber auch die Vergangenheit. Lassen wir uns von Prägungen und Erfahrungen leiten, leben wir unsere Bestimmung/Aufgabe nicht mehr, sondern leben ein Konstrukt, und das Gewebe verknotet sich, verhärtet sich und die Geschichten beginnen chaotische Inhalte zu präsentieren – es entsteht Chaos, was unweigerlich eine Lebens- oder Sinnkrise mit sich bringt, woraus tatsächlich auch physisches Leid entstehen kann.

Alles ist beseelt, alles ist miteinander verwoben, miteinander verbunden und umwunden. Jede Aktion hat auch eine Reaktion und hat eine unmittelbare Auswirkung, nicht nur auf das Selbst, sondern auf alles rundum. So erfahren wir nicht nur unsere eigenen chaotischen Konstrukte, sondern auch die Konstrukte anderer Lebewesen. Aber auch diese Konstrukte können verknotet und chaotisch sein, was sich auch in unserem aktuellen gesellschaftlichen Dasein zeigt.

Mitgetragen, aus vielen Generationen sind Leid, Angst, Trauer, Wut, welche nie gewendet, nie zum Wohle gewandelt, nie aufgelöst wurden. Das Resultat ist eine Gesellschaft, die in Neid, Missgunst, Krieg und Zerstörung ihr Dasein fristet und die Verbindung/Anbindung komplett verloren hat.

Das zeigt die Wichtigkeit nach dem gewobenem, eigens bestimmten, Schicksal zu leben, nicht nur für sich Selbst und das eigene Wohlbefinden, sondern auch für alles um einen herum. Das zeigt die Wichtigkeit, sich diesen chaotischen Prägungen zu widmen.

Für schamanisch praktizierende Menschen ist diese Schicksalsgewebe sichtbar. Die Verbündeten aus der immateriellen Wirklichkeit, der Anderswelt, werden eingeladen und um Hilfe gebeten, die Prägungen und zugehörigen Verbindungen, im Sinne der Wiederherstellung des Gleichgewichtes, zum Wohle zu wandeln.

2. Neuroschamanismus – Neuromorphing

Nervensystem
Schicksalsgewebe

Ich nehme dieses Schicksalsgewebe als bewegliche Vektorgrafik wahr. Grafische Linien, die durch ihre Berührung Schnittpunkte erzeugen und sich von der zweiten Dimension auf die dritte Dimension (und weiter) verschieben. Ein mehrdimensionales Netzwerk, das Ähnlichkeit mit den Nervenbahnen unseres ureigenen Nervensystems hat. Die Linie ist der Weg, die Schnittpunkte die eigentliche Bestimmung und die Flächen dazwischen ist das, was der Mensch daraus gemacht hat (Konstrukt). Nicht immer schwingt diese Information im Einklang. Das gilt es zu richten.

Die Hirnforschung hat betätigt, dass unser internes neuronales Netzwerk wie eine Art Speichermedium funktioniert, das innerhalb von Millisekunden Erinnerungen und Erlerntes abruft. Durch Erfahrungen entstehen fortwährend neue Verbindungen zwischen den Nervenzellen und alte Verbindungen, die nicht mehr gebraucht werden, werden abgebaut oder still gelegt. Je häufiger bestimmte Netzwerke gebraucht werden, desto besser werden sie ausgebaut. So bleiben häufig gerade negative Ereignisse, die unreflektiert und unaufgelöste sind, als Netzwerk, ein Leben lang bestehen und äußern sich, anhand von eigenen Verhaltensmustern, unterschiedlichen physischen Unstimmigkeiten und psychischen Reaktionen.

Um zu verstehen, wie das ganze funktioniert, sollte man wissen, dass, über die Sinnesorgane (Augen, Ohren, Nase, Zunge, Haut) alle Umgebungsreize in den Thalamus, ein Bereich im Gehirn der als „Tor des Bewusstsein“ bezeichnet wird, weiterleitet werden. Dieser fungiert als eine Art Filter und entscheidet, welche Informationen zur Amygdala (interne Alarmanlage) kommen, wo die Reize mit Emotionen verknüpft und gespeichert werden. Die zeitliche und geografische Zuordnung passiert dann im Hippocampus (Das Tor zum Gedächtnis), wo die Information in die Großhirnrinde (Langzeitspeicher) entlassen werden. Während eines negativen Ereignisses, werden im Gehirn Stresshormone freigesetzt, die sich negativ auf die Kommunikation zwischen Amygdala und Hippocampus auswirken. Die emotionale Besetzung des negativen Ereignisses bleibt bestehen, aber die örtliche und zeitliche Verknüpfung ist dann nicht mehr gegeben. Das hat spätere Erinnerungslücken zur Folge. Wird nun die betreffende Person mit einem ähnlichen Ereignis (Reiz, Trigger) konfrontiert, erzeugt das erneut Stress. Stress schwächt auf Dauer den Körper – der Mensch wird krank.

Durch das Erkennen der negativ aufgebauten Netzwerke und der bewussten Arbeit daran können neue Netzwerke gebildet werden und ungünstigen Verknüpfen aufgelöst und abgebaut werden.

Das, was neurobiologisch auf materieller neuronaler Ebene von der Forschung sichtbar gemacht wurde, ist vergleichbar mit dem Schicksalsgewebe, das für schamanisch Praktizierende in der immateriellen Wirklichkeit sichtbar ist. Dadurch alles miteinander verwoben, miteinander verbunden und umwunden ist, ist anzunehmen, dass das (un)sichtbare Schicksalsgewebe in unmittelbaren Zusammenhang mit dem neuronalen Netzwerk steht.

Lebt ein Mensch nicht die ureigene Bestimmung, sondern eine systemisch gemachte Prägung, verknotet sich dieses Schicksalsgewebe und es entsteht Chaos.

3. Ganzwerdung – Ich denke und fühle Selbst

Der heilige Hain, Thema: Heimat
Vertigo, Thema: Wut

Das Entknoten und Entwirren des Schicksalsfaden, ein Wiederherstellen der natürlichen Ordnung. Das hat aber nicht nur eine Auswirkung auf das Ich und das Selbst, es hat auch weitreichende Auswirkung auf das Umfeld (siehe butterfly effect). Ein in sich zentrierter und ganzer Mensch hat es nicht mehr notwendig, sich beweisen zu müssen, einem Konstrukt nachzulaufen, das vermeintliche Glück in materiellen Gütern zu finden.

Heilung ist demnach auch immer global zu betrachten. Heilung (haila germ. gesund, unversehrt, ganz) bedeutet wieder ganz zu werden, im Einklang mit sich Selbst zu sein und in Verbindung mit den spirituellen Wirklichkeitsebenen zu stehen, angebunden sein an Mutter Erde, im Bewusstsein zu leben, woher wir kommen und wohin wir nach dem Ableben, des materiellen Körper, gehen. Wenn wir wieder ganz und verbunden sind, sind wir auch gesund.

Ganz langsam und zart werden sich neue Räume öffnen. Diese gilt es zu erforschen.

Ist es das Schicksal, das wahre Selbst, das sich zeigt?

Es ist nichts Großes und überwältigendes. Es ist nicht das vermeintliche Glück, dem alle hinterherjagen, das doch nur eine Illusion der materiellen Wirklichkeit ist. Nein, das ist es nicht. Es ist ganz simpel und einfach. Es ist das Pulsieren des Lebens, es ist das Leben, das durch deinen Körper zieht, durch jeden einzelnen Körperbereich, durch jede einzelne Zelle. Es äußert sich nicht, es fordert nicht, es ist. Sanft wird es pulsieren, die Empfindung von Leben.

Wenn, wir Menschen die All-Einheit aller Dinge und Konzepte erkennen könnten, wäre Leid nicht mehr schmerzhaft und Glück nicht mehr flüchtig.


„Ein Schamane ist jemand, der das Unsichtbare sieht, das Unhörbare hört, das Unfassbare begreift, der also nach herkömmlichen Maßstäben verrückt ist.“

Hiah Park – Koreanische Schamanin
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